Das Magazin der Tango Argentino Szene in Wien
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Die Sonntags Milonga in der Kornhäusl-Villa in Wien

Die sogenannte Kornhäusl-Villa in Wien Ottakring, ist eine der ältesten Landvillen der Stadt. Hier haben die beiden Tangueros Isret Osmani und Elisabeth Tolloy eine besonders schöne Wirkungsstätte für ihre Milonga gefunden. Seit November 2015 veranstalten sie hier jeden Sonntag ihre Tango Café-Milonga. Mittlerweile ist sie etablierter Fixstern der Wiener Tango-Argentino-Szene geworden. Isi (so ist Isret in der Szene bekannt) ist ein sehr umtriebiger DJ und Milongaveranstalter. Ist das Kornhäusl nicht verfügbar wechselt er die Location. Dann geht’s im „Some like it Hot“ in der Sechshauser Straße zur Sache. Mittwochs finden wir ihn abwechselnd mit Tangogermano in der Kunsttankstelle Ottakring zur IG Milonga. Im Sommer 2017 bespielte er eine Open Air Location auf der Donauinsel.

Die Kornhäusl-Villa liegt im 16. Wiener Gemeindebezirk. Ursprünglich wurde sie vom Architekten Josef Georg Kornhäusl für Joseph Jenamy erbaut. Die Bezeichnung ‚Villa’ ist für dieses 1810 fertiggestellte Gebäude eigentlich nicht richtig. Es war von Anfang an in eine Häuserzeile eingebettet und wurde nicht als alleinstehende Villa erbaut. Heute aber, ist sie tatsächlich eine alleinstehende Villa. Damals lag sie außerhalb der Wiener Stadtmauern im Dorf Ottakring. Mitte des 19. Jh. wurde die Villa Bestandteil der ‚Ersten Wiener Kindermilchanstalt’, später übernahm ein landwirtschaftlicher Betrieb der Tierhaltung und Milchverarbeitung. Im letzten Viertel des 20. Jh. verrottete das Bauwerk zusehends. 2005 wurde das Gebäude vollständig renoviert. Die alten Holzkastenfenster, Kassettenverkleidungen, Tafelparkett, Schablonenmalerei und die Turmstiege sind im Originalzustand wiederhergestellt. Wohnungen, Büros und ein griechisches Restaurant befinden sich jetzt im Gebäude.

Im Untergeschoss finden wir ein historisches Ziegelgewölbe, in welchem Tangoklänge zur Milonga einladen. Abseits üblicher Wiener Touristenpfade legt hier an jedem Sonntag von 19 bis 23 Uhr DJ Isi Osmani auf. Er stammt ursprünglich aus dem Kosovo. Den Tango lernte er in Heidelberg kennen und tanzen, wo er Ende der 1990er Jahre Politikwissenschaften studierte. Seine Begeisterung dafür war schon nach den ersten Übungseinheiten nicht mehr zu bremsen. „Ich war selbst noch blutiger Anfänger, habe aber schon nach meinen eigenen ersten Übungseinheiten einen Tangokurs in der Sporthalle der Uni angeboten. 130 Studenten hatten sich dann auch gleich mal angemeldet“, erzählt er schmunzelnd. Übermut und Gelassenheit lagen bei Isi damals wohl sehr nahe beieinander. Wieder zurück in seiner Heimat bot er auch dort Tangounterricht an. 2014 kam er dann nach Wien und lernte Elisabeth Tolloy kennen. Die studierte Psychologin arbeitet als Kunst- und Ausdruckstherapeutin und tanzt seit ihrer Kindheit. Der Tango begleitet sie seit Mitte der 1990er Jahre und ist ihr eine Herzensangelegenheit.

Warmes und weiches Licht verleiht dem alten Kellergewölbe einen romantischen und intimen Charme. Eine lang gestreckte Bar, die von dem Griechen im darüber liegenden Stockwerk bestückt wird, begleitet die Tanzfläche. Davor sind Stühle in Reihe aufgefädelt. Von hier lässt sich die Tanzfläche, die von dicken Ziegelsäulen, auf denen das Gewölbe ruht, geprägt ist, gut beobachten. Das Holzparkett ist perfekt zum Tanzen geeignet. Ein paar Tische bilden Ruheoasen. Auf dem Parkett, das nie zu dicht gefüllt ist, nehmen die Anwesenden respektvoll Rücksicht. Angenehm ruhig ist die Atmosphäre, man kann sich auf den Tango konzentrieren und soll sich auch auf ihn einlassen können. Vielleicht liegt es an der Gewölbearchitektur oder den Ziegelwänden, dass die Geräuschkulisse der Gespräche an Bar und Tischen gering bleibt und sie nicht in die Tanzfläche hineinwirkt. Das Ambiente hat eine inspirierende Atmosphäre.

Isi Osmani und Elisbeth Trolloy

DJ Isi residiert im hinteren Winkel der Lokalität und sorgt mit Tangoklassiker, die gut tanzbar sind, für eine traditionelle (Tandas und Cortinas) und ziemlich entspannte Stimmung. Nach 22 Uhr wird dann gerne auch etwas experimentiert, gelegentlich wird auch Livemusik geboten. Die Vielseitigkeit und den Facettenreichtum des Tango zu präsentieren hat er sich zur Aufgabe gemacht. Entsprechend vielfältig ist das Stammpublikum zusammengesetzt. Man kennt sich, das Geschlechterverhältnis ist einigermaßen ausgeglichen. Das in Wien ewige Thema, wer aus welcher Schule kommt und welche Tanzstil-Philosophie die Wahre sei, wird hier entspannter und ungezwungener gesehen. Ungezwungen bedeutet hier aber nicht stillos. Umgangsformen und äußerer Auftritt sind angesagt. Das beginnt schon bei der Begrüßung: Hier ist jeder herzlich eingeladen und soll auch zur Wohlfühlatmosphäre beitragen. Niemand wird ausgeschlossen. So konnte man hier schon Achtjährige tanzen sehen, und Harry mit seinen 91 Jahren gehört hier genauso selbstverständlich her wie Advanced, Semiprofis und der eine oder andere schüchterne Milonga-Einsteiger. Isi zieht in der Kornhäusl-Villa jene Tangueros an, die mit der Musik harmonisieren wollen, die den Tango als einen echten, positiven und lebendigen Lebensbegleiter verstehen.

Info: Kornhäusl-Villa, Ottakringerstr. 233, 1160 Wien. Jeden Sonntag Milonga von 19:00 bis 22:00.

Info/Facebook-Seite der Sonntagsmilonga

Über die Sonntagsmilonga habe ich auch im Tangodanza geschrieben

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